Heute wage ich mal einen kleinen Ausflug in die große Politik. Ich staune nämlich, was man da alle paar Tage lesen kann. Kaum war die grüne Kanzlerkandidatin gekürt, gingen die Umfragewerte durch die Decke. Nach so vielen Jahren schwarzer Kanzlerschaft wird nun ein Wechsel herbei prognostiziert. Und wenn grün gerade angesagt ist, meint der geneigte Umfrageleser, beim nächsten Mal auch grün wählen zu müssen. Machen ja irgendwie gefühlt alle so. Dann aber fanden sich Flecken auf dem Goldgelb der Grünensonne. Wer Dreck sucht, findet halt welchen. Politiker sind auch nur Menschen. Da werden vergleichsweise kleine Makel gern mal empörungsbesessen aufgeblasen. Und schon stellte die nächste Umfrage fest, dass der Höhenflug – es war wohl eher ein verpatzter Raketenstart – schon wieder vorüber ist und schwarz die Grünen überholt. Im Übrigen werden umfragemäßig die Gelben gerade stark geredet, während man über blau und tiefrot lieber gar nicht berichtet und zu blassrot aus Gründen der Pietät lieber auch nichts mehr sagt. Das kann aber morgen auch schon wieder ganz anders sein. Umfragewerte machen Umfragewerte. Aber wer seine Politik nach Umfrageergebnissen ausrichtet, hat seinen Auftrag nicht verstanden. Politiker, die dem Volk dienen wollen, sollten drauf pfeifen. Das Wahlvolk ändert schnell mal seine Meinung oder hängt das Fähnchen in den Wind. Die letzten Tage vor der Wahl entscheiden, so wie in einem guten Handballspiel oft die letzten Sekunden entscheiden. Natürlich gewinnt die eine Mannschaft das Spiel nicht aufgrund des letzten Tores. Jedes Tor ist am Sieg beteiligt. Aber das Wahlvolk hat eben oft nur ein Kurzzeitgedächtnis. Da zählt dann doch nur der letzte Ball, der letzte Erfolg, der letzte Fehler. Ist halt so. Und deshalb stimmt es auch, dass jedes Volk die Regierung bekommt, die es verdient. Freuen wir uns, in einer Demokratie zu leben – und seien wir dafür dankbar! Freuen wir uns, dass mit Worten (und Umfragewerten) und nicht mit Panzern um die Macht gestritten wird! Freuen wir uns über Politiker in jeder Partei, die ihren Dienst „mit Gottes Hilfe“ ausüben, demütig und bescheiden, uneitel und selbstlos handeln und einzig das Wohl ihrer Bürger im Blick haben. Sollte es solche noch geben? Die nächsten Umfragen werden es uns vielleicht eventuell möglicherweise sagen.

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